Was ist das Jedermannsrecht?
Das schwedische Jedermannsrecht regelt deinen Umgang mit der Natur. Die Wurzeln dieses Gewohnheitsrechts gehen bis ins Mittelalter zurück. Damals verfügte jeder Mensch über das unausgesprochene Recht, sich frei zu bewegen und sich aus der Natur selbst zu versorgen. Seit den 1940er Jahren gibt es den Begriff allemansrätten. Noch immer handelt es sich beim Jedermannsrecht um ein Gewohnheitsrecht, nicht um ein schriftlich verankertes Gesetz. Erst 1994 nahm Schweden einen kurzen Text ins Grundgesetz auf, der jedem freien Zugang zur Natur gewährt.
Welche Rechte und Pflichten bestehen?
Viele Schwedenurlauber glauben, dass sie sich dank Jedermannsrecht uneingeschränkt in der Natur bewegen können. Prinzipiell ist das auch richtig – dennoch kennt auch das Jedermannsrecht einige Einschränkungen. Wenn es auch keinen eigenen Gesetzestext gibt, sind viele der einzelnen Regelungen und Einschränkungen in anderen Gesetzen enthalten, etwa im schwedischen Naturschutzgesetz oder im Jagdgesetz.
Hältst du dich in der freien Natur auf, gehen damit auch Pflichten einher – in erster Linie die Pflicht zur Rücksichtnahme auf andere Menschen, Tiere und Pflanzen. Die oberste Grundregel im Jedermannsrecht lautet: „Nicht stören und nichts zerstören“. Besondere Bestimmungen gelten zudem für Naturschutzgebiete und Nationalparks. Auch Kommunen und Gemeinden können das Jedermannsrecht einschränken, etwa aus Naturschutzgründen.
Vorsicht! Was darfst du und was nicht? Das Jedermannsrecht in zehn Punkten:
1. Grundsätzlich darfst du dich in Schweden frei in der Natur bewegen. Bist du zu Fuß, mit dem Rad, mit Skiern oder auf dem Pferd unterwegs, kannst du auch Privatwege ohne Genehmigung benutzen. Bei aller Freiheit: Schweden ist sehr daran gelegen, die Privatsphäre anderer zu schützen. Halte daher Abstand zu Wohnhäusern und privaten Grundstücken, öffne keine Gatter und klettere nicht über Zäune, um deinen Weg fortzusetzen.
2. Bist du mit Hund unterwegs, musst du diesen vom 1. März bis zum 20. August anleinen. Viele Schweden lassen ihre Hunde das ganze Jahr nicht ohne Leine laufen, um das Wild zu schützen und andere Wanderer nicht zu belästigen.
3. Eine Nacht darfst du in der freien Natur zelten – solange der Boden nicht landwirtschaftlich genutzt wird und dein Zelt nicht in Sichtweite eines bewohnten Hauses steht. Willst du länger verweilen oder bist in der Gruppe unterwegs, solltest du mit dem Grundbesitzer sprechen.
4. Das Jedermannsrecht gilt nicht für Fahrzeuge. In der freien Natur darfst du nicht mit Motorfahrzeugen unterwegs sein. Zwar halten sich viele Schweden nicht an dieses terrängkörningslag genannte Gesetz, als Besucher solltest du es ihnen aber nicht gleichtun. Auf Privatwegen können motorisierte Fahrzeuge ebenfalls verboten sein.
5. Auch mit dem Wohnwagen oder Wohnmobil darfst du nicht im freien Gelände unterwegs sein. Bist du mit dem Wohnwagen im Schwedenurlaub, nutze die Campingplätze. Außerhalb davon darfst du maximal 24 Stunden lang an Straßenrändern oder Rastplätzen halten.
6. Bist du mit dem Boot auf schwedischen Seen unterwegs, darfst du grundsätzlich überall anlegen, eine Nacht auf dem Boot verbringen und Schwimmen. Ausnahmen gelten für Anlegestellen und an Stränden, die zu einem Privathaus gehören, außerdem in militärischen Schutzgebieten und Vogelschutzgebieten. Willst du mehr als eine Nacht vor Anker liegen, frag den Grundbesitzer um Erlaubnis.
7. Das Jedermannsrecht gewährt es dir grundsätzlich, dich aus der Natur selbst zu versorgen. Blumen, Obst und Pilze darfst du pflücken, solange diese nicht unter Naturschutz stehen oder auf einem Privatgrundstück wachsen. Ist das Grundstück eindeutig verlassen, darfst du dich aber am Baumobst bedienen. Auch hier gilt das Prinzip der Rücksichtnahme: Pflücke nur so viel, wie du selbst verbrauchst.
8. Du darfst dich zwar aus der Natur bedienen – aber nicht einfach jagen oder fischen. Ohne Genehmigung fällt das auch in Schweden unter Wilderei. Jäger brauchen einen Jagdschein, Angler eine Angelkarte, die fiskekort. Eine Ausnahme gilt für Schwedens fünf größte Seen, wo jeder fischen darf: im Mälaren, Hjälmaren, Vänern, Vättern, und im Storsjön. Auch an Schwedens Meeresküste darfst du angeln. Verwende aber nur Handangeln, keine Netze.
9. Willst du deinen Fang über dem offenen Feuer grillen, gibt es auch dafür Einschränkungen zu beachten: Verboten ist ein Lagerfeuer auf Klippen und Felsen, bei Waldbrandgefahr und bei starkem Wind. Verwende nur totes Holz, schlage keine Bäume oder Sträucher für Feuerholz.
10. Lass keine Abfälle in der Natur liegen. Vergrabe deinen Müll auch nicht in der Erde. Nutze vorhandene Mülleimer oder nimm deinen Abfall mit.
Gibt es Strafen bei Verstößen gegen das Jedermannsrecht?
Da das Jedermannsrecht ein Gewohnheitsrecht ist, kennt es an sich keine Strafen. Verstößt du jedoch gegen das Naturschutzgesetz oder das Jagdgesetz, können die Strafen teils empfindlich ausfallen. Mindestens ist mit Bußgeldern zu rechnen, Wilderei kann auch mit Haft bestraft werden. Das Jedermannsrecht gewährt dir zwar viele Freiheiten – gilt aber eben nicht uneingeschränkt. Nimm Rücksicht und sorge dafür, dass kein Schaden entsteht. Dann können alle die schwedische Natur noch lange genießen.